Argentinien 1986
1986 haben wir es gewagt, meine Freundin Petra und ich, und den weiten Flug nach Argentinien gemacht. Anlaufstelle war - wieder einmal - das Haus von Onkel und Tante in Buenos Aires, die uns nach besten Kräften den Aufenthalt gestaltet haben und uns bei der Planung der Reisen innerhalb des Landes tatkräftig unterstützt haben. Unvergessen sind die Besuche der berühmten Einkaufsstraße Florida, die Tour mit dem eigens für uns gecharterten Boot durch das Tigre-Delta und der Pisco Sour in der Botschaft in Buenos Aires.
Und dann sind wir gestartet, wobei die Planung vorsah, dass wir die großen Strecken mit Aerolineas Argentina vornehmen und die kleinen Etappen auf eigene Faust durchführen wollten. Es folgte eine wirklich abenteuerliche Reise deren komplette Beschreibung den Platz hier weit überschreiten würde. Erwähnen möchte ich nur die Highlights, z.B. wie wir - weil uns das Taxi zu teuer war - mit dem Bus vom Flughafen Iguazu (argentinische Seite) zum damals noch frei zugängigen Hotel an den Wasserfällen auf der brasilianischen Seite fahren wollten. Stunden haben wir an diversen Haltestellen gewartet, um die jeweiligen Anschlüsse nehmen zu können. Und der Grenzübertritt erfolgte dann sehr malerisch mit Einheimischen in einem Boot/Floss über einen kleinen Fluss (ich glaube, es fuhr auch eine Ziege mit) und auf der anderen Seite mussten wir einen Abhang hinaufkraxeln. Und das alles mit meiner Reisetasche, denn einen Rucksack hatte ich natürlich nicht, blöd. In einiger Entfernung sahen wir bereits den Anschlussbus warten, und um einen guten Platz zu ergattern, sind wir los gelaufen und eingestiegen. In diesem Moment haben wir uns nicht gewundert, warum alle anderen erst in einer kleinen Hütte verschwunden waren und nach und nach zum Bus kamen. Der Sinn dessen ging uns erst auf, als wir zwei Tage später wieder - dieses Mal im Hotelbus - zum Flughafen nach Iguazu wollten. Da wurde nämlich heftig bemängelt, dass wir keinen Einreisestempel im Pass hatten - den hätten wir in besagter Hütte bekommen. Dank der Hilfe unseres Hotel-Busfahrers durften wir dann doch wieder ausreisen, und den Argentiniern war es sowieso egal. Zu erwähnen bleibt noch, dass wir die allerletzte Etappe dann doch mit dem Taxi gemacht haben - für ca 5 DM billiger, als uns die komplette Fahrt vom Flughafen gekostet hätte.
Lustig war auch die Suche einer Unterkunft am jeweiligen Etappenziel. Krönung war eine Auberge in Salta - ein Zimmer ganz für uns allein mit Zugang durch den Garten und einige Stufen hoch - sehr hübsch. Allerdings war die Wirtin sehr verwundert, dass wir doch tatsächlich zwei Handtücher haben wollten, für jede eines. Das hatte sie ja noch nie erlebt !!
Ob dies die Unterkunft war, in der wir die Dusche gesucht haben, weiß ich nicht mehr. Aber wir waren schon leicht aufgeregt, dass es keine gab, bis Petra plötzlich - während sie ihr Geschäft erledigte - begeistert ausrief, sie hätte die Dusche gefunden. Es stellte sich heraus: das Klo war die Dusche. Der Duschkopf befand sich einfach in der Decke. Der Raum war zwar anschließend pitschnaß, aber das Ganze war sehr funktional.
Aufregend war auch der Grenzübertritt nach Chile, wo wir die Hauptstadt Santiago de Chile besucht haben. Mit einem Miet-Taxi - eingequetscht zwischen weiteren Fahrgästen - fuhren wir über die Berge durch Schnee und Eis um dann vor Ort fast zu ersticken, der Smog über Santiago war wirklich fast unerträglich. Wir haben die Stadt dann besichtigt, auch den Hügel San Christobar haben wir erklommen, von dem aus man eine fantastische Aussicht haben soll, wenn denn der Smog nicht wäre. Bis eines Tages ein Aufruhr stattfand, und wir fast nicht mehr ins Hotel zurückkamen. Von Straßensperre zu Straßensperre haben wir und vorgekämpft und ich musste dann jedesmal mit meinen drei Brocken Spanisch den Bewaffneten klar machen, dass wir nur zwei arme Touristinnen waren und nur zu unserem Hotel zurückwollten. Petra hat jedes Mal den jüngsten und ansehnlichsten Burschen herausgesucht, der zwei jungen Frauen dann auch nicht widerstehen konnte.
Ich erwähne jetzt nur am Rande, dass wir trotzdem das Hotel eindringlich gewarnt hatte, nochmals rauszugehen, doch nochmal losgezogen sind, um ein Restaurant zu finden, wir hatten Hunger. Und das Essen bei Kerzenlicht wegen Stromausfall und wie uns dann in den stockdunklen Straßen wohlmeinende Menschen mit starken Lampen heimgeleuchtet haben, war wieder abenteuerlich.
Und es gab viele schöne Momente. Die Fahrt mit dem "tren de las nubes" dem "Wolkenzug" von Salta bis an die chilenische Grenze auf eine Höhe von ca 4000 m - unvergessen. Die Fahrt mit dem gemieteten Renault durch Bariloche, ebenfalls ein Highlight der Reise. Und hier haben uns auch die Nachrichten über das Unglück in Tchernobyl erreicht. Ich sehe noch, wie wir an einem wunderschönen See saßen und beratschlagt haben, ob wir evtl unsere Verwandten schnellstens nach Südamerika holen müssten und ob wir überhaupt nach Hause reisen könnten. Die Rückfahrt mit dem Schlafwagen von Bariloche nach Buenos Aires gehörte ebenfalls dazu. Nachdem wir in aller Ruhe im Bahnhof saßen und geschwätzt hatten, ging ich mal zum Schalter, um die Fahrkarten zu kaufen, was beim Schalterbeamten zu hektischsten Aktivitäten führte. Seinen Ausführungen entnahm ich, dass der Zug in 5 Minuten abfahren sollte. Er rannte raus zum Bahnsteig, brüllte, dass noch 2 Fahrgäste kämen, erstellte in Windeseile unsere Fahr- und Schlafwagenkarten und nachdem wir endlich im Zug saßen, konnte dieser dann abfahren. Die Fahrt war aber dann urgemütlich, in einem nostalgischen Speisewagen mit festgeschraubten Möbeln haben wir wunderbar gegessen, um dann ausgeruht wieder in Buenos Aires anzukommen.